08. April 2017
Hinter den Kulissen

Flanieren im Museum

von Astrid Peterle
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Wie überträgt man den Stadtraum mit seinen verschiedenen Schichten an historischen Erscheinungsformen in ein Museum? Als wir ArchitektInnen einluden, Entwürfe für die Gestaltung unserer Ausstellung „Kauft bei Juden! Geschichte einer Wiener Geschäftskultur“ einzureichen, wünschten wir uns einen Bezug zur Ästhetik des Konsums in Wien, zu den großen Einkaufspalästen ebenso wie zu den kleinen Geschäftslokalen. Den äußerst diversen Objekten und Fotografien, die die Geschichten der jüdischen UnternehmerInnen und ihrer Geschäfte über einen Zeitraum von mehr als hundert Jahren erzählen, sollte ein gestalterischen Rahmen gegeben werden, der subtil, aber auch direkt die Wiener Geschäftskultur in seinen visuellen Ausformungen quer durch die Jahrzehnte aufgreift.  
 
Viola Stifters Konzept überzeugte uns, da es durch nachempfundene Elemente aus dem Stadtraum und Verweise auf die Ästhetik des Schaufensters das kuratorische Konzept ideal begleitet. Das Thema der Ausstellung erwies sich als visuell und grafisch ergiebig. Von den prunkvollen Erlebnisräumen der großen Kauf- und Warenhäuser auf der Kärntner Straße und der Mariahilfer Straße über die kleineren, exklusiv-luxuriösen k. u. k. Hoflieferanten bis hin zu den vollgeräumten, engen und nicht nach Kriterien der Schönheit gestalteten Geschäften des Textilviertels spiegelt Viola Stifters Architektur jene Räume wider, die jüdische UnternehmerInnen geschaffen haben und deren Geschichten die Ausstellung erzählt.
 
Formell stehen Geschäftsportale und Schaufenster im Fokus der Gestaltung. Innerhalb ihrer Struktur werden die Ausstellungsobjekte wie kostbare Ware präsentiert, die unverkäuflich ist. Die BesucherInnen können so die Dramaturgie der Ausstellung flanierend erfahren – willkommen beim Window Shopping im Museum!
 
Ansicht Schaufenster Jungmann & Neffe (c) JMW
Ansicht Schaufenster Silesia (c) JMW
Ansicht Visual Loos Haus (c) JMW