21. December 2020
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by Hannah Landsmann
Der 1850 in Odessa geborene Johann Kremenetzky (auch Kremenezky) war Unternehmer, Erfinder und Zionist. Zu seiner Person finden sich etwas über 30 Einträge im Inventar des Jüdischen Museums Wien. Als anonyme Schenkung ist eine Glühbirne der Firma Tungsram verzeichnet. Eingeritzt ist der Hinweis: „Eigentum Firma Jo. Kremenetzky, unverkäuflich“. 1995 erhielt das Jüdische Museum Wien eine vornehmlich aus Archivalien zusammengesetzte Schenkung von John Kremenezky, dem Enkel Johann Kremenezkys. Johann Kremenezky hatte an der Berliner Technischen Hochschule studiert und kam 1880 nach Wien, um die Beleuchtung der Sitzungssäle des Parlaments einzurichten. Im Frühling 1880 wurde im Volksgarten eine Probebeleuchtung getestet, die den ganzen Sommer über für großes Aufsehen sorgte. Es kam zwar nicht zur lichttechnischen Ausstattung im Parlament, Kremenezky blieb aber in Wien und gründete 1880 die erste österreichische Glühlampenfabrik und 1882 gemeinsam mit Bela Egger die „1. Österreichisch-Ungarische Fabrik für elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung Egger, K. & Co“. In den 1890er-Jahren wurde das Unternehmen von den Österreichischen Siemens-Schuckert Werken übernommen und Johann Kremenezky führte in seinem Eigentum die Glühlampenabteilung weiter. Das Sortiment erweiterte er bald um elektrische Apparate wie Reisebügeleisen, Kochtöpfe, Tisch-Ventilatoren, Mokka-Bereiter, Batterien und Radiolampen.
Foto © JMW
In einem spanischsprachigen Katalog seiner Firma mit Standort in der Dresdnerstraße 55 bis 57, im 20. Wiener Gemeindebezirk, findet sich eine ungewöhnliche Kollektion von Glühlampen in Form von Obst, Gemüse, Menschen- und Tierfiguren. Auf dem Titelblatt des Katalogs ist ein geschmückter Weihnachtsbaum zu erkennen. 1931 fusionierte Kremenezky mit Tungsram, wo nach wie vor Glühbirnen und andere Produkte aus der Lichtsparte erzeugt werden.
Foto © JMW
Johann Kremenezky war prominentes Mitglied des Aktions- Komitees der zionistischen Bewegung in Österreich. Die Gründung des „Jüdischen Nationalfonds“ während des 5. Zionistenkongresses 1901 in Basel geht auf ihn zurück und er war es, der nach dem Tod Theodor Herzls dessen Privatarchiv bewahrte. Der Nationalfond sollte durch Spenden von Jüdinnen und Juden in aller Welt den Kauf von Land und Wüstengebieten im damaligen osmanischen Palästina ermöglichen. Anfang der 1930er-Jahre wurde das Hauptbüro von Europa nach Jerusalem verlegt und der offizielle Name des Fonds in Keren Kayemeth LeIsrael geändert.
Johann Kremenezkys Leistungen für den österreichischen Zionismus sind ebenso zu würdigen wie sein Engagement für innovative Industrien. So gesellt sich sein Name zu den Familien Rothschild und Gutmann im Zusammenhang mit den Wittkowitzer Stahlwerken und der ersten österreichischen Eisenbahn, zu David Schwarz für die Erfindung eines Luftschiffs oder zu Adolf (Aron) Pollak von Rudin, der Zündhölzer mit Reibefläche erfand.
Johann Kremenezky änderte nicht nur seinen Namen, er hieß eigentlich Josef Josefowitsch Leibensohn, sondern auch sein Geburtsjahr von 1848 auf 1850. 1928 erhielt der promovierte Elektroingenieur die Ehrendoktorwürde an der Technischen Hochschule in Wien und wurde am 8. Februar 1929 Bürger der Stadt Wien. Er starb am 25. Oktober 1934 in Wien und wurde auf dem Zentralfriedhof bestattet. Bereits am 20. Juni 1956 wurde per Gemeinderatsbeschluss die Laaer-Berg-Gasse im 11. Wiener Gemeindebezirk in Kremenetzkygasse umbenannt. In Tel Aviv gibt es ebenfalls eine nach ihm benannte Straße, allerdings in der Schreibung Kremenetski. Das Todesjahr ist mit 1936 angegeben.
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Titelbild © JMW