Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele

14.07.2021 – 21.11.2021

Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele

Museum Dorotheergasse

Nach den Pogromen im Mittelalter und immer wieder aufflammendem Antisemitismus entstand durch den Zuzug von Jüdinnen und Juden Ende des 19. Jahrhunderts wieder eine jüdische Gemeinde in Salzburg. In einem Bundesland, das in der Zwischenkriegszeit zwischen Katholizismus und Deutschnationalismus zerrissen war, zeigte sich das Phänomen eines Antisemitismus ohne Jüdinnen und Juden ganz besonders.

Unter diesen Rahmenbedingungen wurden die Salzburger Festspiele 1920 als katholisch-neobarockes Spektakel gegründet. Viele Wiener Jüdinnen und Juden förderten hier die Wiederbelebung des Österreich-Gedankens auf der Bühne. Neben der erwarteten Tradition fand sich aber auch überraschend viel Avantgarde auf dem Programmzettel, unter anderem in den Tanzproduktionen oder beim Bühnen-Architekten Oscar Strnad. Sogar ein Werk von Arnold Schönberg wurde 1928 aufgeführt. Während des Austrofaschismus erfolgte eine Politisierung, da sich Österreich als besserer deutscher Staat präsentieren wollte. Der aus Bayreuth gekommene Arturo Toscanini dirigierte Wagner-Opern, inszeniert vom jüdischen Regisseur Lothar Wallerstein. Die von der deutschen Reichsregierung installierte „1000-Mark-Sperre“ richtete sich als Wirtschaftssanktion vor allem gegen Salzburg. Die Festspiele zogen nun verstärkt ein internationales Publikum an. 1938 wurden die Festspiele im Sinne der „Rassentheorie“ der Nazis ideologisch uminterpretiert, Jüdinnen und Juden waren nicht mehr erwünscht und wurden vertrieben. In der Nachkriegszeit fanden sich nur wenige jüdische Protagonisten und Protagonistinnen unter den Regisseuren und Darstellern. Viele, die sich während der Nazizeit hervorgetan hatten, konnten allerdings ihre Karrieren fortsetzen. Diesen Themen widmet sich die Ausstellung „Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele“. Max Reinhardt, Bruno Walter und Berta Zuckerkandl sind nur die berühmtesten ProtagonistInnen jüdischer Herkunft.

Im Zentrum der Ausstellung stehen einige noch nie gezeigte Objekte aus dem Nachlass von Max Reinhardt sowie vielfältige Kunstwerke, die den Aufstieg der Festspiele bis heute, sowie die Lebenswege der verschiedenen handelnden Personen, ihre Karrieren und Fluchtwege nachzeichnet.

Kurator und Kuratorin: Marcus G. Patka und Sabine Fellner
Ausstellungsgestaltung: Fuhrer, Wien

Wir danken den Salzburger Festspielen herzlich für die Kooperation und Unterstützung.
www.salzburgerfestspiele.at

Video zur Ausstellung


ORF-TVthek-Medienarchiv Judentum

Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung „Jedermanns Juden. 100 Jahre Salzburger Festspiele“ präsentierte der stv. ORF-Direktor für Technik, Online und neue Medien, Thomas Prantner, das „ORF-TVthek-Medienarchiv Judentum“. Es besteht seit 2011 und wurde gemeinsam mit dem Jüdischen Museum Wien entwickelt und seitdem mehrfach ausgebaut. Zuletzt wurde es 2020 und 2021 um 27 Videos maßgeblich erweitert und zeichnet in nunmehr insgesamt 115 Videos ein facettenreiches Porträt jüdischer Vergangenheit und Gegenwart in Österreich. Anlässlich der neuen Ausstellung des Museums wurde das Medienarchiv jüngst auch um die Dokumentation „Die Künstler, die Antisemiten und die Salzburger Festspiele“ ergänzt.