12. Juni 2024
Aktuelles

Ein Baum als Symbol des Friedens

von Tom Juncker & Adina Seeger
© JMW
Ein kleiner Kakibaum, der in unserer Wechselausstellung „Frieden“ im Museum Judenplatz von einem internationalen Kunst- und Friedensprojekt erzählte, schlägt nun in den Blumengärten Hirschstetten Wurzeln und hat damit seinen Platz als dauerhaftes Symbol des Friedens in Wien gefunden.

Die US-amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 forderten unmittelbar mehr als 100.000 Opfer, die meisten davon Zivilist:innen. Noch Jahrzehnte später starben Tausende an den Verletzungen sowie an den Spätfolgen der nuklearen Verstrahlung. Ein Kakibaum in Nagasaki überlebte die Zerstörung, obwohl mehr als die Hälfte seines Stammes verbrannt war. 1994 begann der Gärtner Masayuki Ebinuma den Baum zu pflegen und Setzlinge aus ihm zu ziehen. Der Künstler Tatsuo Miyajima stellte die Setzlinge 1995 aus und organisierte Patenschaften. So entstand das Kunst- und Friedensprojekt Revive Time: Kaki Tree Project, dessen Ziel es ist, Setzlinge des Mutterbaums auf der ganzen Welt zu verteilen und insbesondere Kinder dazu zu ermutigen, sich auch künstlerisch mit dem Thema Frieden auseinanderzusetzen.

Der erste Setzling wurde 1996 feierlich an einer Grundschule in Tokio gepflanzt. Der Kakibaum aus Nagasaki wurde zu einem Symbol des Lebens gegen den Tod, zu einem Symbol für die Kraft der Natur und zu einem Symbol des Friedens gegen den Krieg, vergleichbar mit den Origami-Kranichen, die die 12-jährige Sadako Sasaki nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima gefaltet hatte. Nachdem Sadako Sasaki 1955 an den Folgen der Verstrahlung verstorben war, wurde der Origami-Kranich durch die internationale Anteilnahme an ihrem Schicksal zu einem internationalen Symbol der Friedens- und Anti-Atombewegung.

Durch die Ausstellung auf der 48. Biennale in Venedig erlangte das Kakibaum-Projekt 1999 internationale Aufmerksamkeit. Inzwischen haben Schulen und Friedensinitiativen weltweit Sämlinge eingesetzt – bisher an rund 300 Orten in 27 Ländern. In Europa gibt es das Projekt in Frankreich, Italien, Großbritannien, Slowenien, in der Schweiz und in Deutschland. 2020 wurde in Italien der Verein Nagasaki-Brescia KAKI TREE for EUROPE ins Leben gerufen. Das europäische Schwesterprojekt ist seitdem für die Verbreitung der Pflanzen der zweiten und dritten Generation des Kakibaumes aus Nagasaki in Europa zuständig. Auf Initiative des Friedensforschers Werner Wintersteiner und des Vereins „Erinnern Villach“ wurde 2023 in Villach der erste Kaki-aus-Nagasaki-Baum in Österreich gepflanzt.1

In Zusammenarbeit mit KAKI TREE for EUROPE und Werner Wintersteiner stellte das Jüdische Museum Wien Ende 2023 im Rahmen der Ausstellung „Frieden“ einen Kakibaum aus Nagasaki aus – es ist dies das erste Mal seit der Biennale, dass ein Kaki-aus-Nagasaki Teil eines Ausstellungsprojekts war. Ziel war es, den Baum nach Ende der Ausstellung im Wiener Stadtraum zu pflanzen und ein permanentes Friedenssymbol zu schaffen, das insbesondere Kinder und Jugendliche für den Gedanken des Friedens gewinnen soll. „Für so vieles steht dieser Friedensbaum, […] für die Aufklärung über die Gefahr von Massenvernichtungswaffen (Atombombe auf Nagasaki); für ökologisches Bewusstsein (das Wiederaufleben des Baumes nach seiner schweren Schädigung); für den Frieden (ein Symbol des Widerstands des Lebens gegen den Tod); für Kunst und Kreativität, […] und schließlich auch für Bildung, denn durch Lernen können wir unsere Weltsicht erweitern und die wirklichen Herausforderungen der heutigen Zeit erkennen und uns ihnen stellen“2, so Werner Wintersteiner.

Am 11. Juni 2024 wurde der Kaki-aus-Nagasaki in den öffentlich zugänglichen Blumengärten Hirschstetten von Veronica Kaup-Hasler, Stadträtin für Kultur und Wissenschaft, feierlich eingepflanzt und hat somit seinen Platz als dauerhaftes Symbol des Friedens in Wien gefunden.

Unser Dank gilt dem japanischen Revive Time: Kaki Tree Project, Francesco Foletti und Nagasaki-Brescia KAKI TREE for EUROPE, Werner Wintersteiner, den Wiener Stadtgärten, namentlich dem Leiter Grünflächenpflege und -erhaltung/Stadtgartendirektor-Stellvertreter Karl Hawliczek sowie Robert Fahsl und dem ganzen Team der Blumengärten Hirschstetten.

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1 Tanja Janschitz, Villach pflanzt ersten Friedens-Kaki, https://archiv.5min.at/202306671911/villach-pflanzt-ersten-friedens-kaki/ (28.5.2024).
2 Werner Wintersteiner, Das Friedensprojekt „Ein Kaki aus Nagasaki“ in der Stadt Villach. Eine neue Initiative zur Schaffung eines Friedenssymbols und eines (nicht nur) kommunal relevanten Bezugspunkts für die Friedensarbeit und die Erziehung zum Frieden, unveröffentlicht, Villach 2023.
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