19. April 2024
Aktuelles
In memoriam: Hella Pick (1929 - 2024)
von Sabine Apostolo & Caitlin Gura
Das Jüdische Museum Wien trauert um Hella Pick (1929 - 2024).
„Ich habe aber auch gesagt, dass es mir besonders wichtig ist, dass die Ausstellung auch klar macht, wie selektiv die Auswahl der Kinder war.“ Dieser Satz war einer der ersten, den wir von Hella Pick in Bezug auf die Ausstellung: Jugend ohne Heimat. Kindertransporte aus Wien, die wir gerade vorbereiteten, von ihr vernommen haben.
Die Arbeit an dieser Ausstellung war eine ganz besondere. Sehr bald erhielten wir Emails von ehemaligen Kindertransportkindern aus der ganzen Welt, deren Verwandten oder Freunden, die uns ihre Erfahrungen erzählen wollten. Hella Pick war die Einzige, die an das Zeigen ihrer Geschichte eine Bedingung knüpfte und zwar die oben genannte. Der strenge Auswahlprozess und die Unwahrscheinlichkeit, einen Platz auf einen Kindertransport zu bekommen, waren der Anfangspunkt unserer Ausstellung und Hella Pick war damit sehr zufrieden.
An ihre eigenen Erlebnisse als Kindertransportkind konnte sie sich eigentlich nicht sehr gut erinnern. Ihre Mutter arbeitete als Köchin bei einer englischen Familie, im Rückblick war Hella Pick klar, dass es ihre Mutter bestimmt nicht leicht hatte, allein in einem fremden Land ein Kind großzuziehen. Sie hat es aber sehr gut gemeistert und so Hella Pick eine glückliche Kindheit ermöglicht.
Als Journalistin konnte sie sich sehr gut an die Rezeption der Geschichte der Kindertransporte erinnern, die in den 1980er-Jahren begann. Vor allem Großbritannien stellte sich hierbei gerne als heldenhafte Nation dar, die als erstes Land und mit großem Abstand zu allen anderen die meisten Kinder aufgenommen hatte. Dies sind zwar nicht zu verleugnende Tatsachen, allerdings verschwieg Großbritannien dabei immer gerne die generelle Flüchtlingspolitik jener Zeit. Jungen Frauen war das Erlangen eines speziellen Visums als Haushaltshilfen leicht möglich – jungen Männern oder älteren Personen wurde ein Visum nur allzu oft verwehrt. Auch die Kindertransportkinder wollte Großbritannien eigentlich nur zur Durchreise ins Land lassen – eine Taktik, die durch Ausbruch des Krieges 1939 vereitelt wurde. Die Kinder blieben und nicht alle hatten glückliche Geschichten. Viele Flüchtlingsburschen ab 16 Jahren wurden als „feindliche Ausländer“ in britische Internierungslager gesperrt. Dass dies alles und die Tatsache, dass Großbritannien sehr selektiv bei der Auswahl der Flüchtlingskinder – am liebsten junge Mädchen – vorgegangen war, in unserer Ausstellung erzählt wurde, darauf legte Hella Pick großen Wert.
Nach ihrem Studium an der London School of Economics begann Hella Pick ihre journalistische Karriere. Um 1961 wurde sie UN-Korrespondentin für The Guardian, eine führende britische Zeitung. Damals gab es wenige Frauen in solchen Positionen und ihre Tätigkeiten machten sie zu einer echten Pionierin. Sie war ein sehr kritischer Geist und setzte sich in einer männlich dominierten Welt durch. Zwar wurde Hella Pick in der unmittelbaren Nachkriegszeit britische Staatsbürgerin, aber die österreichische Politik und Geschichte ließ sie nicht los. In einem Interview mit dem britischen Imperial War Museum 2001/02 erzählte Hella Pick, dass der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky ihr empfohlen habe, die österreichische Staatsbürgerschaft zurückzuverlangen. Zuerst wollte sie nicht, aber unter Bundeskanzler Fred Sinowatz in den 1980er-Jahren entschied sie sich doch dazu - unter der Bedingung, den britischen Pass behalten zu dürfen, damals eine einzigartige Ausnahme. Sie war die erste Biografin Simon Wiesenthals: Simon Wiesenthal: A Life in Search of Justice (1996) und danach analysierte sie den österreichischen Opfermythos: Guilty Victim – Austria from the Holocaust to Haider (2000).
Ihr letztes Buch war ihre Autobiografie Invisible Walls (2021), die ein Jahr später auch auf Deutsch unter dem Titel Unsichtbare Mauern erschien.
Bei der Eröffnung unserer Ausstellung Jugend ohne Heimat. Kindertransporte aus Wien schenkte sie uns einige Belegexemplare dieses Buches, das wir unter unseren Besucher:innen verlosen durften. Eigentlich wollte sie nie eine Autobiografie schreiben, doch als sie nach einem Unfall mehrere Monate ans Krankenhausbett gefesselt war, änderte sie ihre Meinung. Es war Glück im Unglück, da wir so das Testament dieses bewegenden und inspirierenden Lebens erhalten haben.
„Ich habe aber auch gesagt, dass es mir besonders wichtig ist, dass die Ausstellung auch klar macht, wie selektiv die Auswahl der Kinder war.“ Dieser Satz war einer der ersten, den wir von Hella Pick in Bezug auf die Ausstellung: Jugend ohne Heimat. Kindertransporte aus Wien, die wir gerade vorbereiteten, von ihr vernommen haben.
Die Arbeit an dieser Ausstellung war eine ganz besondere. Sehr bald erhielten wir Emails von ehemaligen Kindertransportkindern aus der ganzen Welt, deren Verwandten oder Freunden, die uns ihre Erfahrungen erzählen wollten. Hella Pick war die Einzige, die an das Zeigen ihrer Geschichte eine Bedingung knüpfte und zwar die oben genannte. Der strenge Auswahlprozess und die Unwahrscheinlichkeit, einen Platz auf einen Kindertransport zu bekommen, waren der Anfangspunkt unserer Ausstellung und Hella Pick war damit sehr zufrieden.
An ihre eigenen Erlebnisse als Kindertransportkind konnte sie sich eigentlich nicht sehr gut erinnern. Ihre Mutter arbeitete als Köchin bei einer englischen Familie, im Rückblick war Hella Pick klar, dass es ihre Mutter bestimmt nicht leicht hatte, allein in einem fremden Land ein Kind großzuziehen. Sie hat es aber sehr gut gemeistert und so Hella Pick eine glückliche Kindheit ermöglicht.
Als Journalistin konnte sie sich sehr gut an die Rezeption der Geschichte der Kindertransporte erinnern, die in den 1980er-Jahren begann. Vor allem Großbritannien stellte sich hierbei gerne als heldenhafte Nation dar, die als erstes Land und mit großem Abstand zu allen anderen die meisten Kinder aufgenommen hatte. Dies sind zwar nicht zu verleugnende Tatsachen, allerdings verschwieg Großbritannien dabei immer gerne die generelle Flüchtlingspolitik jener Zeit. Jungen Frauen war das Erlangen eines speziellen Visums als Haushaltshilfen leicht möglich – jungen Männern oder älteren Personen wurde ein Visum nur allzu oft verwehrt. Auch die Kindertransportkinder wollte Großbritannien eigentlich nur zur Durchreise ins Land lassen – eine Taktik, die durch Ausbruch des Krieges 1939 vereitelt wurde. Die Kinder blieben und nicht alle hatten glückliche Geschichten. Viele Flüchtlingsburschen ab 16 Jahren wurden als „feindliche Ausländer“ in britische Internierungslager gesperrt. Dass dies alles und die Tatsache, dass Großbritannien sehr selektiv bei der Auswahl der Flüchtlingskinder – am liebsten junge Mädchen – vorgegangen war, in unserer Ausstellung erzählt wurde, darauf legte Hella Pick großen Wert.
Nach ihrem Studium an der London School of Economics begann Hella Pick ihre journalistische Karriere. Um 1961 wurde sie UN-Korrespondentin für The Guardian, eine führende britische Zeitung. Damals gab es wenige Frauen in solchen Positionen und ihre Tätigkeiten machten sie zu einer echten Pionierin. Sie war ein sehr kritischer Geist und setzte sich in einer männlich dominierten Welt durch. Zwar wurde Hella Pick in der unmittelbaren Nachkriegszeit britische Staatsbürgerin, aber die österreichische Politik und Geschichte ließ sie nicht los. In einem Interview mit dem britischen Imperial War Museum 2001/02 erzählte Hella Pick, dass der damalige Bundeskanzler Bruno Kreisky ihr empfohlen habe, die österreichische Staatsbürgerschaft zurückzuverlangen. Zuerst wollte sie nicht, aber unter Bundeskanzler Fred Sinowatz in den 1980er-Jahren entschied sie sich doch dazu - unter der Bedingung, den britischen Pass behalten zu dürfen, damals eine einzigartige Ausnahme. Sie war die erste Biografin Simon Wiesenthals: Simon Wiesenthal: A Life in Search of Justice (1996) und danach analysierte sie den österreichischen Opfermythos: Guilty Victim – Austria from the Holocaust to Haider (2000).
Ihr letztes Buch war ihre Autobiografie Invisible Walls (2021), die ein Jahr später auch auf Deutsch unter dem Titel Unsichtbare Mauern erschien.
Bei der Eröffnung unserer Ausstellung Jugend ohne Heimat. Kindertransporte aus Wien schenkte sie uns einige Belegexemplare dieses Buches, das wir unter unseren Besucher:innen verlosen durften. Eigentlich wollte sie nie eine Autobiografie schreiben, doch als sie nach einem Unfall mehrere Monate ans Krankenhausbett gefesselt war, änderte sie ihre Meinung. Es war Glück im Unglück, da wir so das Testament dieses bewegenden und inspirierenden Lebens erhalten haben.