12. Februar 2024
Aktuelles
In Memoriam Herta Griffel-Baitch (1933-2024)
von Sabine Apostolo
Das Jüdische Museum Wien trauert um Herta Griffel-Baitch. Sie verbrachte die ersten Jahre ihres Lebens in der Wiener Wohlmutstraße im zweiten Gemeindebezirk. Erinnerungen an diese Zeit waren ihr jedoch kaum geblieben. An einen Satz ihrer Mutter konnte sie sich allerdings bis an ihr Lebensende erinnern: „Es ist wichtig, dass du gesund bist, dann kannst du vielleicht als eines der Kinder ausgewählt werden, die nach Amerika fahren dürfen.“
Ihre Mutter hatte bis zuletzt versucht, einen Platz für ihre Tochter auf einem Kindertransport zu bekommen und es auch geschafft: Herta verließ im November 1940 mit dem letzten Kindertransport Wien. Einen Platz auf einem solchen Transport zu bekommen, war von Beginn an schwierig, doch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Herbst 1939 wurden die innereuropäischen Kindertransporte gestoppt.
Letzte Hoffnung waren die USA, die nur sehr wenige Kinder aufnahmen. Die Organisation dieser Reisen wurde immer schwieriger, da viele Länder immer restriktivere Einreisebestimmungen erließen. So war eigentlich geplant, die Kinder via Lissabon zu schicken, doch Portugal hatte gerade beschlossen, keine Staatenlosen mehr einreisen zu lassen und sei es nur zur Durchreise. Mehrere Kinder auf der Liste, darunter auch Herta waren allerdings staatenlos. Die Koordinator:innen planten also die Reise in die USA über Russland und Japan. Kurz vor Abfahrt lenkte Portugal ein und der Kindertransport konnte wie ursprünglich geplant durchgeführt werden. Die Bestimmungen für diesen Transport waren sehr speziell, es durften nur Waisen oder Halbwaisen fahren.
Da der Vater bereits im Zwangsarbeitslager sein Leben gelassen hatte, erfüllte Herta Griffel diese Bedingung. Ihre Mutter hatte natürlich gehofft, bald selbst zu fliehen und ihrer Tochter nachzufolgen. Erst mehrere Jahre nach Kriegsende erfuhr Herta von der Ermordung ihrer Mutter am 14. September 1942 in Maly Trostinec.
Hertas Geschichte war Teil unserer Ausstellung „Jugend ohne Heimat. Kindertransporte aus Wien“. Im Zuge unserer Recherchen durfte ich sie in ihrem späteren Zuhause in Baltimore besuchen und wurde von ihr und ihrer Familie aufs herzlichste empfangen. Da sie zum Zeitpunkt der Reise erst sieben Jahre alt war und nur mehr sehr wenige Erinnerungen daran hatte, konnte sie mir nur wenig davon berichten. Aber sie erzählte mir, wie sie Jahre nach dem Krieg die letzten Gegenstände, die ihre Mutter für sie in Wien gepackt hatte, von einer entfernten Verwandten bekam und wie sie durch die Arbeit des United States Holocaust Memorial Museum spät in ihrem Leben immer mehr über ihre Kindheit erfuhr.
Das USHMM war auf sie aufmerksam geworden, weil es den Nachlass von Gertrude Winter angekauft hatte, einer Lehrerin der Zwi Perez Chajes-Schule. Darin fanden sich Kinderzeichnungen mit ihrem Namen, die nun Herta eröffneten, dass sie ihr erstes Schuljahr in dieser Schule verbracht hatte.
Zur Ausstellungseröffnung wollte Herta Griffel-Baitch nicht mehr nach Wien kommen, die Reise war ihr zu weit. Es kamen aber zwei ihrer Enkelkinder. Für die beiden war es das erste Mal in Wien und sie machten sich auf Spurensuche nach ihrer Großmutter. Vor wenigen Wochen hat Asa Baitch die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Als er seine Großmutter fragte, ob sie nun nicht auch noch dafür ansuchen möchte, antwortete sie: „Die wollten mich damals nicht, jetzt kriegen sie mich auch nicht!“
Genauso hatte ich Herta Griffel-Baitch damals kennen gelernt: Stolz, ihren Weg gemacht zu haben, nicht vergessend, was ihr passiert war. Sie hat nicht nur mit dem Jüdischen Museum Wien ihre Geschichte geteilt, sondern auch anlässlich der Ausstellung unser Haus mit einer großzügigen Spende bedacht. Es war ihr wichtig, dass Geschichten wie ihre nicht vergessen werden. Obwohl ihr am Anfang ihres Lebens unerträglich viel geraubt wurde, war sie, als ich sie kennenlernen durfte, dankbar für ihr Leben und ihre Familie.
Ihre Mutter hatte bis zuletzt versucht, einen Platz für ihre Tochter auf einem Kindertransport zu bekommen und es auch geschafft: Herta verließ im November 1940 mit dem letzten Kindertransport Wien. Einen Platz auf einem solchen Transport zu bekommen, war von Beginn an schwierig, doch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im Herbst 1939 wurden die innereuropäischen Kindertransporte gestoppt.
Letzte Hoffnung waren die USA, die nur sehr wenige Kinder aufnahmen. Die Organisation dieser Reisen wurde immer schwieriger, da viele Länder immer restriktivere Einreisebestimmungen erließen. So war eigentlich geplant, die Kinder via Lissabon zu schicken, doch Portugal hatte gerade beschlossen, keine Staatenlosen mehr einreisen zu lassen und sei es nur zur Durchreise. Mehrere Kinder auf der Liste, darunter auch Herta waren allerdings staatenlos. Die Koordinator:innen planten also die Reise in die USA über Russland und Japan. Kurz vor Abfahrt lenkte Portugal ein und der Kindertransport konnte wie ursprünglich geplant durchgeführt werden. Die Bestimmungen für diesen Transport waren sehr speziell, es durften nur Waisen oder Halbwaisen fahren.
Da der Vater bereits im Zwangsarbeitslager sein Leben gelassen hatte, erfüllte Herta Griffel diese Bedingung. Ihre Mutter hatte natürlich gehofft, bald selbst zu fliehen und ihrer Tochter nachzufolgen. Erst mehrere Jahre nach Kriegsende erfuhr Herta von der Ermordung ihrer Mutter am 14. September 1942 in Maly Trostinec.
Hertas Geschichte war Teil unserer Ausstellung „Jugend ohne Heimat. Kindertransporte aus Wien“. Im Zuge unserer Recherchen durfte ich sie in ihrem späteren Zuhause in Baltimore besuchen und wurde von ihr und ihrer Familie aufs herzlichste empfangen. Da sie zum Zeitpunkt der Reise erst sieben Jahre alt war und nur mehr sehr wenige Erinnerungen daran hatte, konnte sie mir nur wenig davon berichten. Aber sie erzählte mir, wie sie Jahre nach dem Krieg die letzten Gegenstände, die ihre Mutter für sie in Wien gepackt hatte, von einer entfernten Verwandten bekam und wie sie durch die Arbeit des United States Holocaust Memorial Museum spät in ihrem Leben immer mehr über ihre Kindheit erfuhr.
Das USHMM war auf sie aufmerksam geworden, weil es den Nachlass von Gertrude Winter angekauft hatte, einer Lehrerin der Zwi Perez Chajes-Schule. Darin fanden sich Kinderzeichnungen mit ihrem Namen, die nun Herta eröffneten, dass sie ihr erstes Schuljahr in dieser Schule verbracht hatte.
Zur Ausstellungseröffnung wollte Herta Griffel-Baitch nicht mehr nach Wien kommen, die Reise war ihr zu weit. Es kamen aber zwei ihrer Enkelkinder. Für die beiden war es das erste Mal in Wien und sie machten sich auf Spurensuche nach ihrer Großmutter. Vor wenigen Wochen hat Asa Baitch die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Als er seine Großmutter fragte, ob sie nun nicht auch noch dafür ansuchen möchte, antwortete sie: „Die wollten mich damals nicht, jetzt kriegen sie mich auch nicht!“
Genauso hatte ich Herta Griffel-Baitch damals kennen gelernt: Stolz, ihren Weg gemacht zu haben, nicht vergessend, was ihr passiert war. Sie hat nicht nur mit dem Jüdischen Museum Wien ihre Geschichte geteilt, sondern auch anlässlich der Ausstellung unser Haus mit einer großzügigen Spende bedacht. Es war ihr wichtig, dass Geschichten wie ihre nicht vergessen werden. Obwohl ihr am Anfang ihres Lebens unerträglich viel geraubt wurde, war sie, als ich sie kennenlernen durfte, dankbar für ihr Leben und ihre Familie.
© USHMM
© USHMM