24. Mai 2016
Nachgefragt

Nachgefragt… Bob Martens

von Adina Seeger und Petra Fuchs für die Redaktion
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Am Museum Judenplatz ist derzeit die Ausstellung Wiener Synagogen. Ein Memory zu sehen. Wir haben Bob Martens, der gemeinsam mit Herbert Peter, Danielle Spera und Werner Hanak-Lettner die Ausstellung kuratierte, zu einem kurzen Gespräch getroffen.
 
Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen bzw. was hat Sie daran interessiert?
Begonnen hat alles mit dem Verein Verlorene Nachbarschaft 1998 in der Neudeggergasse im 8. Bezirk, der die Erinnerung und Beforschung der zerstörten Synagogen mit einer eindrucksvollen Aktion ins Rollen brachte.
Georg Schönfeld, ein Kollege und Proponent bei diesem Projekt, kam zu Herbert Peter und mir und fragte, ob wir ein 3-D Modell vom Innenraum erstellen könnten. Das haben wir dann mit einer Lehrveranstaltung an der TU Wien zu Simulation verbunden und so haben wir das erste Modell auf die Beine gestellt – zunächst nicht in der Absicht in den nächsten Jahrzehnten damit beschäftigt zu sein.
 
Wie waren und sind die Reaktionen auf Ihre Arbeit?
Ich glaube, dass sich die Reaktionen seit dem Beginn unserer Arbeit schon verändert haben. Ablesen kann man das zum Beispiel daran, wie und ob es eine Erinnerung an die zerstörten Synagogen vor Ort gibt: Persönlich sehr gelungen finde ich das Beispiel in der Neue-Welt-Gasse in Hietzing. Hier wurde von Hans Kupelwieser auf der gegenüberliegenden Straßenseite der zerstörten Synagoge ein Negativ von der Synagoge in einen Rahmen eingespannt. Blickt man hindurch, sieht es so aus, als ob das Gebäude noch stünde.
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© Anton Kurt
 
Es gibt natürlich auch Beispiele, wo man sehr stark die Spannung und den Widerstand gegen diese Erinnerung sieht, z.B. in der Leopoldsgasse im 2. Bezirk. Dort war die Gedenktafel bis vor Kurzem nicht am Gebäude, sondern auf dem angrenzenden Gehsteig – wie ein Verkehrsschild – angebracht.
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Seit Kurzem ist die Tafel in der Leopoldsgasse 29 an der Hauswand angebracht. Hier befand sich bis zu ihrer Zerstörung während des Novemberpogroms 1938 die Synagoge in der Leopoldsgasse, auch Polnische Schul genannt. © Philipp Selim
 
Wie haben sich im Laufe der Zeit die technischen Möglichkeiten verändert? Was ist mittels 3D-Techniken denkbar und möglich?
Vor allem hat sich im Laufe der Zeit die Leistungsfähigkeit der computergestützten Darstellung stark verändert und was wir heute fast an jedem Laptop können, war damals nur an Hochleistungsrechnern möglich.
In Zukunft werden die Grundformen der Modellierung wohl gleich bleiben, man wird aber komplexere Formen gestalten können, etwa was Details betrifft. Vor allem gehe ich aber davon aus, dass im Bereich des 3D-Drucks in Zukunft einiges passieren wird: 3D-gedruckte Modelle, die man vervielfältigen und mit größeren Abmessungen darstellen könnte, wären schön – das ist derzeit noch sehr kostspielig und aufwändig.
Wir sind mit den Panoramen und der Projektion in der Ausstellung aber sehr zufrieden und wünschen uns, dass auch all diejenigen, welche nicht mit diesen Medien aufgewachsen sind, sich auch verleiten lassen diese zu testen.
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© JMW/Sonja Bachmayer
 
Wie reflektieren Sie die Perfektion der Bilder, die Sie mittels computergestützter Rekonstruktion erzeugen?
Wir sind uns dessen in jedem Fall bewusst. Zu Beginn sind wir nach der Regel vorgegangen, dass wir eine graue Einfärbung verwendet haben, wenn wir nicht wussten, wie etwas beschaffen war. In der Zwischenzeit haben wir viel Material gesammelt, auch in den umliegenden Ländern und sind vernetzt mit KollegInnen, die ebenfalls zum Thema arbeiten, das macht uns sicherer bei der Frage der Gestaltung. Wichtig ist dabei aber zudem, dass man die unmittelbare Umgebung der zerstörten Synagogen mitdenkt, durch die man ebenfalls viel ablesen kann.
 
Woran arbeiten Sie derzeit und was sind Ihre nächsten Vorhaben?
In der Zwischenzeit sind wir schon sehr weit mit den tschechischen Standorten, insbesondere von Jakob Gartner und Wilhelm Stiassny, hier gibt es nur mehr einige wenige Lücken. Zudem steht Niederösterreich derzeit im Fokus, da für diese Region mittlerweile mehrere Diplomarbeiten verfasst worden sind. Und auch für das Burgenland gibt es große Fortschritte.
Wir würden uns sehr freuen, wenn die Ausstellung an weiteren Standorten gezeigt würde und ein großes Publikum findet.
 
Last, but not least: Haben Sie schon eine Postkarte geschrieben?
Oh nein, aber das werde ich jetzt gleich machen!
 
Anmerkung: Kaufen Sie eine Postkarte an der Kasse des Museums Judenplatz und schicken Sie sie in die Welt! Einfach in den Postkasten in der Ausstellung einwerfen.
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© JMW / P. Fuchs
 
Die Ausstellung Wiener Synagogen. Ein Memory, kuratiert von Bob Martens und Herbert Peter in Zusammenarbeit mit Danielle Spera und Werner Hanak-Lettner, ist noch bis zum 17. November 2016 im Museum Judenplatz zu sehen.